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Mittwoch, 7. August 2013
Giftmischung - gelernte Rollen, Arroganz und Selbstgerechtigkeit
Schlecht geschlafen habe ich, nachdem ich gestern Abend so aufgebracht und nachdenklich war. Der Liebste meint, ich soll mich von meinem Bruderherz nicht so ärgern lassen, das abhaken, aber leider kann ich das nicht so einfach.
Ich hab mich zwar noch immer nicht dran gewöhnt, im Sinne von akzeptiert und hingenommen, aber es überrascht mich nicht mehr, dass in meiner Familie meine Meinung und Haltung zu etwas oder jemandem zunächst mal in Frage gestellt wird. Als Kind äußerte sich das darin, dass bei einem Streit mit einer Freundin als erstes gefragt wurde, was ich denn gemacht hätte ... ein Streit käme ja nicht von ungefähr und ich hätte sicherlich auch meinen Teil dazu beigetragen. Später als junge und ältere Erwachsene ging das ähnlich weiter und wenn es heute mal einen Konflikt mit meinem Liebsten gibt, dann betonen meine Eltern eher wie schwer er es doch auch hat und was er alles auf sich nimmt für unsere Beziehung ... mein Beitrag fällt da eher unter den Tisch. Ich hab mal mit meinem Liebsten gescherzt, dass bei einem Scheitern unserer Beziehung für meine Eltern die volle Schuld bei mir liegen würde, sofern er mir kein blaues Auge verpasst. ;-)
Na ja, insofern ist es vielleicht nicht allzu verwunderlich, wenn mein Bruder ein solches Muster übernimmt. Aber gestern Abend ist er wirklich zu weit gegangen und hat eine solche Arroganz und Selbstgerechtigkeit an den Tag gelegt, dass es all meine Energie brauchte ruhig zu bleiben.
Wir sprachen über das bevorstehende Wochenende bei den Eltern und dass die Jüngste meines Mannes auch wieder mitkommt, nachdem ihr das Familienwochenende in Holland so viel Spaß gemacht hat. Das Mädel war dort fast wie ausgewechselt - kein Heul-Mama-vermissen-Drama am Abend, sondern sie hat sogar in der anderen Doppelhaushälfte mit meiner Nichte in einem Zimmer geschlafen. Gestern am Telefon merkte ich an, dass neben den tollen Unternehmungen dazu sicher auch die Tatsache beigetragen hat, dass es kein Internet gab und sie somit nicht mit der Mutter dauertexten konnte, wie das hier gewöhnlich läuft ("Live-Berichterstattung" und allabend und -morgendliche Liebes- und Vermissensbedungen).
Prompt kam von meinem Bruder der Hinweis, dass sie sie ja vielleicht wirklich auch vermissst.
Wissend um unsere Rollenverteilung hab ich gar nicht versucht, nur aus meiner Sicht zu argumentieren, sondern hab gleich den Gatten als Referenz hinzu gezogen und angemerkt, dass auch er der Meinung ist, dieses Abhängigkeitsverhältnis zwischen Mutter und Tochter sei deutlich übertrieben und nicht altersgerecht für eine 9-Jährige. Ich ergänzte nochmal, dass es gut ist, dass sie jetzt selbst erlebt hat, dass es auch anders geht, und dass man sie dann bei Bedarf auch dran erinnern kann ... und dass man mal überlegen sollte den Internetzugang hier einzuschränken.
Tja, aber mein Bruder ließ nicht nach. Vielleicht bräuchte das Mädchen das ja auch.
Ich werfe ein, dass sie es ja nun seit Baby-Tagen gewohnt ist, an Wochenenden beim Vater zu sein und im Alter von 9 Jahren doch in der Lage sein sollte bei Angst oder Unglücklichsein oder sonstigen Problemen ins Nebenzimmer zum Vater zu gehen, statt mit der Mutter zu texten, die dann hier abends um zehn anruft, um zu sagen, dass das Kind weint.
Und darauf meinte mein Bruder doch tatsächlich - ich solle ihm bitte nicht böse sein - dass sie sich hier vielleicht nicht so öffnen könnte, weil sie vielleicht nicht genügend positive Rückmeldung bekommen würde. Aktuell stehe natürlich auch unsere Lütte im Mittelpunkt, aber vielleicht bekomme das Mädchen dabei zu wenig Rückmeldung.
Ich schlucke, bin entrüstet, atme tief durch weil ich keinen totalen Familienzoff will, und bin dann aber doch noch so schafsmäßig drauf, dass ich anfange, mich zu rechtfertigen ...
dass das Mädchen grad hier bei uns aktiv eingebunden wird und solche Dinge wie Gemüse schnibbbeln, Kuchen backen und ähnliches hier mit mir gelernt wurden, und eher vom Kind (vermutlich über deren Mutter) die Anmerkung kommt, dass ich mich ja verhalten würde als wäre ich ihre Mutter.
Na ja, er könne das ja auch abschließend nicht beurteilen - und ich soll ihm nicht böse sein - aber an den 3 Tagen beim Familienwochenende habe er beobachtet, dass das Mädchen von mir so gut wie gar keine Rückmeldung bekommen habe.
Ich schlucke noch mehr, und mache noch schafsmäßiger weiter mit den Rechfertigungen ..., dass das ja kein normales Wochenende war, sondern das Mädchen ja zu nem großen Teil Aktivitäten gemacht hat, bei denen ich gar nicht dabei war, wie Kanufahren und Schwimmen, dass Wochenenden hier bei uns ja ganz anders aussähen.
Vor lauter Wut ist jeder Muskel meines Körpers völlig überspannt, aber ich antworte so ruhig und freundlich wie nur irgend möglich. Zum Glück kommt der Liebste grad heim und wir lenken das Gespräch noch schnell auf das gewünschte Geschenk für meinen Patensohn zur Einschulung - ich habe die Brotbox zugeteilt bekommen (meine Mutter meinte mal, dass die andere Seite der Familie immer die "tolleren" Wünsche erfüllen dürfe, aber da bin ich mir nicht sicher, ob das immer so ist bzw. wenn, dann ist es mir inzwischen wurscht).
Mein Liebster ist ja so ein ruhiger und gelassener Mensch und reagiert auf meinen Bericht natürlich auch entsprechend entspannt - ich soll mich nicht ärgern, ich müsste meinen Bruder ja nicht ständig sehen und so seien er und seine Frau nunmal. Aber mich lässt die Entrüstung den ganzen Abend und die Nacht hindurch nicht los.
Schließlich hatte ich beim Familienwochenende und dem spontanen Wunsch der Mädels in Schwimmbad zu gehen angemerkt, dass ich es schön fände, wenn wir was unternehmen würden, bei dem alle mitkommen könnten (zumal das Wochenende ja ein Geschenk für meine Mutter war ... obwohl wir sowas eh für dieses Jahr geplant hatten, aber das ist mein Bruder ganz geschickt ... ;-) ). Als sie dann einfach los wollten ins Schwimmbad, obwohl mein Mann grad nicht da war und ich nicht wusste, ob es mit ihm abgestimmt war, hatte ich meinen Wunsch nach gemeinsamer Unternehmung nochmal wiederholt, aber erntete von meinem Bruder nur ein äußerlich freundliches aber letztlich abweisend trockenes "Ja, das hast du ja schon mal gesagt." ... gleichbedeutend mit "hab's gehört, aber interessiert nicht" ... na ja, ich schweife ab. Also kurz gesagt, die Tatsache, dass ich an dem Wochenende kaum Berührungspunkte mit der Jüngsten meines Liebsten hatte, lag zu einem großen Teil daran, dass mein Bruder und seine Gattin das Mädel zu Aktivitäten mitgenommen haben, die für mich wegen unserer Lütten nix waren.
Aber vielleicht sind wir da auch grad das Projekt meiner Schwägerin als angehende Familientherapeutin - als sie die Kleine mit ihm Kanu hatte stieß mir schon die Ankündigung "Wir bekämpfen jetzt 'Mädels' Ängste" sauer auf. Hm, man sagt ja, dass viele der Psychologiestundenten sich das Fach gerade ausgesucht haben, weil sie selbst ne Therapie brauchen ... vielleicht gilt das für weitergebildete Familientherapiehaushalte auch ... keine Ahnung.
Ich war jedenfalls auch so entrüstet, weil ich mich mit Kommentaren oder Hinweisen an meinen Bruder ob des Verhaltens seiner Kinder immer vollkommen zurückgehalten hatte ... sei es damals als das Mädchen mit fünf Jahren noch kein großes Geschäft auf dem Klo machen konnte und stattdessen immer mit der Windel ankam und aufforderte, dass man sie ihr anzog, damit sie das Geschäft darin erledigen konnte ... sei es damals als sie mit ungefähr 6 Jahren am Ende eines Geburtstagskaffees über die lange noch nicht abgeräumte Tafel stolzierte als sei es ein Laufsteg und mein Bruder das nur kommentierte mit "ach nö, das find ich aber jetzt nicht gut. komm da mal runter." .... sei es damals als mein Neffe nicht an der Hand eines Profi-Fußballspielers wie alle anderen raus aufs Feld laufen mochte, im letzten Moment gekniffen hat und sich lieber in den Katakomben an der Hand des Vaters festhielt ... sei es damals und noch heute wenn die Kinder am Tisch demonstrieren, dass andere sich deutlich besser benehmen können ... sei es ... sei es ... Ich hab nie was gesagt. Nur wenn es um das Besteigen meines Sofas mit Schuhen oder Sahnetorte auf den Knien auf dem Sofa esssen ging.
Aber er hat die Dreistigkeit zu einem solchen Kommentar, nachdem er mich mit dem Mädchen zusammen in den letzten 4 Jahren vielleicht grad 10 Mal erlebt hat.
... an diesem Hin-und-Her-Höcksken-auf-Stöcksken-Text merkt man wohl, dass mir die Galle noch immer überläuft ...
Möge die diplomatische Ruhe mit mir sein, wenn uns dann am kommenden Wochenende bei unseren Eltern wieder in gleicher Konstellation plus weitere Verwandtschaft begegnen ... meiner Mutter zuliebe ...
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