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Dienstag, 24. Februar 2004
Morgen früh
um 10:00 in Saal ??? in einem Amtsgericht ein paar hundert Kilometer entfernt fällt die Entscheidung über meine nähere finanzielle Zukunft. *bibber* Hoffentlich bekomm ich den schriftlichen Bescheid zügig.
Kurve noch gekriegt?
Anruf von Muttern; aus dem Urlaub zurück gemeldet. Und fast wäre das Telefonat nach zwei Minuten wieder beendet gewesen.
Ob ich denn nicht im Karneval unterwegs wäre.
Nein.
Warum denn nicht? Da könnt ich mich doch anstecken lassen, mitreißen lassen von anderen.
Von welchen anderen? Ich geh doch nicht allein in eine Masse von Millionen Menschen.
Warum denn nicht? Da sind doch auch andere. Kann doch lustig sein. Kann man doch kennenlernen. [sie ist Karnevals-Hasserin und müsste eigentlich seit Jahre wissen, dass das nicht mein Ding ist]
Klar. Das würdest Du sicher auch machen, nicht wahr?
Na dann halt nicht. Wollte uns auch nur kurz aus dem Urlaub zurück melden.
Da hab ich dann eingelenkt, sonst wär's hier wohl beendet gewesen.
Wenn ich diese Sprüche höre ... das Leben ist eine Achterbahn ... xy hat Krebs, das sind Sorgen ... solche Zeiten hat man mal, das geht auch wieder vorbei ... man muss positiv denken, dann wird man auch wieder gesund ... blablabla. Da merk ich immer mehr, dass meine Mutter mich eigentlich gar nicht kennt, geschweige denn versteht - ich sie auch nicht.
Ob ich denn nicht im Karneval unterwegs wäre.
Nein.
Warum denn nicht? Da könnt ich mich doch anstecken lassen, mitreißen lassen von anderen.
Von welchen anderen? Ich geh doch nicht allein in eine Masse von Millionen Menschen.
Warum denn nicht? Da sind doch auch andere. Kann doch lustig sein. Kann man doch kennenlernen. [sie ist Karnevals-Hasserin und müsste eigentlich seit Jahre wissen, dass das nicht mein Ding ist]
Klar. Das würdest Du sicher auch machen, nicht wahr?
Na dann halt nicht. Wollte uns auch nur kurz aus dem Urlaub zurück melden.
Da hab ich dann eingelenkt, sonst wär's hier wohl beendet gewesen.
Wenn ich diese Sprüche höre ... das Leben ist eine Achterbahn ... xy hat Krebs, das sind Sorgen ... solche Zeiten hat man mal, das geht auch wieder vorbei ... man muss positiv denken, dann wird man auch wieder gesund ... blablabla. Da merk ich immer mehr, dass meine Mutter mich eigentlich gar nicht kennt, geschweige denn versteht - ich sie auch nicht.
Bestandsaufnahme / Bilanz
Menschen. Beziehungen. Verwandtschaftsbeziehungen. Freundschaftsbeziehungen. Liebesbeziehungen. Bekanntschaftsbeziehungen. Viele waren/sind wichtig. Viele sind vorbei, zu viele.
Die wichtigen Verwandtschaftsbeziehungen:
Meine Eltern. Ein eigenes Thema. Verworren. Wichtig. Schmerzhaft. Anstrengend. Aber zum Glück noch nicht vorbei. Vielleicht wird das ja noch.
Mein Opa. Komisch. Er kommt mir in letzter Zeit immer häufiger wieder in den Kopf, obwohl er schon gestorben ist als ich er 3 ¾ Jahre war. Ich war nicht seine erste Enkelin, aber die erste daheim. Ich war sein Liebling. Wir haben zusammen Mäuse gefangen, Kaninchen gefüttert. Er hat Fahrradausflüge mit mir gemacht. Wir haben zusammen Knochen abgenagt und freitags Hering vom Markt gegessen. Aber das schönste war der Mittagsschlaf, oben bei ihnen im Wohnzimmer auf der Couch. Die Rückenlehne fiel zur Wand hin ab, so dass ich drauf liegen konnte. Opa lag auf der Couch, und ich auf der Lehne. Er hat immer aufgepasst, dass ich nicht runter falle. Seltsam, ich kann jetzt noch spüren wie sich das anfühlte, in dieser Kuhle auf der Lehne.
Als er gestorben ist, konnte ich das nicht verstehen, damals habe mich gefragt, warum nicht Oma stattdessen …. - das hab ich natürlich nicht zu fragen gewagt. Soviel hatte ich damals schon kapiert. Die Zeit danach war schlechter als zuvor. Verloren.
Mein „kleiner“ Bruder. Hm. Zwiespältig. Er ist in vielerlei Hinsicht so wie ich immer sein wollte und meine Eltern mich gern gehabt hätten – seine Frau auch. Aber irgendwie kann er ja nicht wirklich was dafür – abgesehen davon, dass er das manchmal weidlich ausgenutzt hat.
Ganz wichtig war über Jahre J., meine große Cousine und Schwester. Sie war toll, nicht die allerschönste, aber vom Typ her, und sie konnte tanzen, der Wahnsinn. Von ihr akzeptiert zu sein war das größte. Etwa sechs Jahre lang haben wir Stunden und Stunden zusammen verbracht bei den Pferden und auf Turnieren. Das waren echt herrliche Jahre, obwohl ich nicht 100%ig dazu gehörte. Von J. hab ich viel gelernt, aber wohl auch viel in der Zwischenzeit wieder verlernt. Irgendwann aber gingen die Lebenswege wieder auseinander, nicht nur räumlich. Sie ist sieben Jahre älter. Da gab es dann Mann und Kinder. Und der Kontakt zwischen uns wurde immer weniger. Ich war auch irgendwann beleidigt, habe mich auch nicht mehr bemüht. Heute ist es nur noch sporadisch. Der Verlust dieser engen Beziehung war mit am schmerzhaftesten.
Die Freundschaftsbeziehungen:
T. und A. in der Grundschule. Ich lebte zwischen ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes. T. ganz bieder, brav, strenge Eltern. A. schön, schlank, reich. Ich war irgendwie dazwischen, pummelig aber nicht so bieder hässlich. T. ist glaub ich heut verheiratete Kindergärtnerin. A. ist allein erziehende Mutter, hatte nach der Ausbildung keinen Bock mehr und hat erstmal „auf arbeitslos“ gemacht. Ich saß zwischen den Stühlen. Hab mich irgendwann für A. und ihre Freunde entschieden, aber gehörte doch nie wirklich dazu. Gut so.
An der Penne gehörte ich auch irgendwie nicht dazu. Aber da gab es U. und teilweise auch M. Die gehörten auch nicht so recht dazu – U. vielleicht noch eher als M. Aber zu M. wollte ich auch nicht gehören. Ist wohl immer so, dass sich die übrig gebliebenen dann zusammen finden. U. und ich waren über Jahre unzertrennlich, traten nur im Doppelpack auf – jede mit ihren Handicaps. Wenn ich heute darüber nachdenke, kann ich mich immer weniger des Eindrucks erwehren, dass es ein ständiger Konkurrenzkampf darum war, wer denn nun doch noch ein wenig mehr dazu gehört. Als ich nach der Schule für ein Jahr in die Staaten bin, kamen regelmäßig Briefe – zu allen anderen Schulkollegen war der Kontakt schon weg. Doch als U. für drei Monate zu Besuch kommen wollte, da war mir das zu viel. Ich hatte neue Freunde dort gefunden und wollte das nicht wieder aufgeben. Also kam sie für drei Wochen, wollte zwei Wochen rumreisen. Doch kurz bevor sie kam, hatte ich meine erste große Liebe kennen gelernt. Es war ein Balance-Akt, der mir nicht ganz gelungen ist. Ihr auch nicht – als sie allein unterwegs war, musste sie auch ganz schnell das berühmte erste Mal erleben, mit einem abgehalfterten, ich glaub 43-jährigen Typ, den sie aufgegabelt hatte – sie war 20. Als ich nach Deutschland zurückkam, hatte sie neue Freunde. Gegenseitige Verletztheiten und Eitelkeiten haben uns wohl daran gehindert, uns mal auszusprechen und die Freundschaft zu bewahren. Haben uns einfach nach einiger Zeit nicht mehr gemeldet. Weiß nicht mal, ob sie noch lebt. Sie hatte eine Krankheit, mit der viele die 30 nicht erleben.
An der Uni gab’s vom ersten Tag an Ch. und dann kam noch S. dazu. Wieder so ein Konkurrenzding, zumindest hab ich es oft so empfunden. S. und Ch. waren irgendwann enger miteinander als Ch. und ich. Die beiden konnten sich streiten und wieder „vertragen“ im Gegensatz zu Ch. und mir. Jahrelang haben wir zusammen getrunken, gelacht und geheult, doch dann hat es gekracht und wurde nie mehr so wie es war bis dann irgendwann der Kontakt ganz abriss. Ich glaub, ich war sehr engstirnig, konnte mit Dingen, die mich störten, die ich anders sah, nicht gelassen umgehen. Zu S. ist der Kontakt auch abgerissen. Sie war umgezogen, wollte sich melden, doch nichts passierte, und dann bin auch ich weg gezogen. Hab noch gehört, dass sie schwanger war. Ch. hab ich im letzten Sommer in unserer alten Studi-Stadt noch getroffen, ein wenig geplaudert. Sie wollte einen Freund hier besuchen und wir wollten uns treffen. Doch an dem Wochenende hatte ich ein Tief, konnte mich zu nichts aufraffen. Schade. Heute tut’s mir leid.
Dann war da noch M., doch S. und Ch. konnten sie absolut nicht ausstehen – umgekehrt ebenso. Ich saß wieder mal zwischen den Stühlen. Aber ich fand M. klasse. Sie war auf eine besondere Art und Weise stark, ja auch arrogant. Das hab ich bewundert, denn in meinen Augen hatte sie ja noch schlechtere Voraussetzungen als ich, weil sie doch um einiges dicker war als ich. Aber sie schien damit so locker umzugehen und hatte dennoch einen riesigen Freundeskreis – und zwar nicht aus anderen „Verlierern“. Bei meinem zweiten Jahr in den Staaten hat sie mich besucht. Ich weiß gar nicht mehr, ob es dadurch verändert hatte. Hatten wir damals Streit? Ja, ich glaube. Aber wir hatten danach doch auch noch Kontakt. Ich meine, dass es aber irgendwas gab, was unsere Freundschaft zerstört hat. Doch ich kann mich nicht mehr erinnern was es eigentlich war. Dann kann es eigentlich wohl nur eine Lächerlichkeit gewesen sein. Oder waren es nur wieder verletzte Eitelkeiten und beleidigt-sein meinerseits?
Ach ja, und dann war da noch B., die ich in meinem ersten Studium kennen gelernt hatte. Wieder eine Frau, die ich unendlich bewundert habe, oder vielleicht noch bewundere. Offen, herzlich, kontaktstark, riesiger Freundes- und Bekanntenkreis. Auch nach meinem Umzug hatten wir, zwar seltener, aber noch regelmäßigen intensiven Kontakt. Und Jahre später zog sie dann der Liebe wegen sogar in dieselbe Stadt. Doch als sie dann noch mal der Liebe – und der Schwangerschaft – wegen umgezogen ist, da verflüchtigte sich alles. Zum standesamtlichen Hochzeitsempfang war ich noch – zu spät wegen Stau auf der Autobahn. Doch zur Party einige Monate später hab ich es nicht fertig gebracht – stattdessen im Trennungsschmerz monatelang die Decke angestarrt. Immer wieder hab ich mich bei ihr gemeldet, neulich noch. Doch jedes Mal hat sie dann grad keine Zeit, will sich melden, tja, und das passiert dann höchstens zum Geburtstag. Wirklich schade. Doch ich hätte vielleicht auch mal fragen sollen, wann hast du Zeit, dann komm ich runter – die Tochter hab ich nämlich bis heute noch nicht gesehen und die müsste inzwischen 4 Jahre alt sein.
U., die ich beim Nebenjob kennen gelernt hatte und zu der ich dann wegen eines gemeinsamen Studienfachs mehr Kontakt hatte, ist danach auch umgezogen … und ward nimmer gesehen. Nicht so schlimm, aber schade. Mochte sie gern.
Mit F. bin ich sogar gemeinsam in den Urlaub. Lange haben wir uns hervorragend verstanden – erstaunlich für mich, denn in der Regel kann ich nicht gut mit jüngeren Menschen. Aber es wurde auch wieder so eine Dreiecksgeschichte mit Eifersüchteleien. Die dritte im Bunde war H. – die tragischste und traurigste Freundschaft, die mir am meisten fehlt. Eine Zeit lang standen die beiden sich näher als ich mit einer der beiden. Ich konnte das damals nicht so gut verknusen, aber damals gab es einen großen Bekanntenkreis, so dass es irgendwie nicht so schlimm war. Die Liebe hat aber für einen totalen Bruch zwischen den beiden gesorgt – und Ella saß wieder zwischen den Stühlen. F. ist irgendwann umgezogen. Eine Zeit lang haben wir noch telefoniert und geschrieben, doch dann schließ es ein. Ja, und das hab ich eigentlich ganz allein mir zuzuschreiben.
Die Freundschaft mit H. war eine ganz verrückte Sache. Sie war eine der beiden Nachmieterinnen in meiner ersten Studentenbude und wir haben uns da über Gelddinge ziemlich in die Haare gekriegt. Die Stadt war nicht so groß. Wenn wir uns im Tanzschuppen über den Weg gelaufen sind, dann gab es nur böse Blicke von uns beiden. Jahr später sollte mich beim Nebenjob in der Kneipe eine Kollegin aus der zweiten Kneipe des Chefs ablösen. Und wer stand da plötzlich vor mir? Jep, H. Wir haben die alte Geschichte danach mal durchgequatscht und konnten drüber lachen. H. war für mich die beste Freundin, die einzige, die für mich da war, als es mir 2000 richtig schlecht ging, die mir dann aber auch mal in den Hintern getreten hat. Ihretwegen habe ich übrigens auch den Gizmo. Sie stand mit Katzenklo, Futternäpfen und Futter vor mir in der Kneipe und sagte, dass wir gleich nach der Arbeit losfahren würden und einen Kater anschauen. Ich hätte ja nun lang genug drüber nachgedacht, würde bei ihren Katzen keine Hustenanfälle bekommen und überhaupt und sowieso bräuchte ich das jetzt. Ja, und da hatte sie recht. Ohne den Gizmo und - damit ohne die H. – hätte ich 2000 aufgegeben. Jetzt sind es fast zwei Jahre, dass wir das letzte Mal telefoniert haben. Ich hatte ihr von J. erzählt, dass uns im Netz kennen gelernt haben, viel telefonierten, uns treffen wollten, es kribbeln würde. Doch sie hatte nur Bedenken. Er sei doch zu alt für mich. Nach T. wollte ich doch die Finger von Männern aus dem Netz lassen. Ich bin sicher, sie hat es nicht bös gemeint, wir haben uns nicht gestritten, doch ich war so enttäuscht, dass sie sich nicht einfach für mich freute. Ihr eigener Freund war doch fast genauso alt wie J.. Er lebte sogar noch in einer Beziehung als sie sich verliebt haben und eine Affäre begannen. Ich hatte ihn bis dahin noch nicht mal kennen gelernt. Nach diesem Telefonat war erstmal Funkstille. Etwa 4 Wochen später hab ich ein paar Mal drüber nachgedacht, dass ich mich wieder bei ihr melden wollte, dass ich diese Freundschaft nicht im Sande verlaufen lassen wollte, weil sie mir viel zu viel bedeutete, dass ich nicht auf den nächsten Schritt von ihr warten wollte. Doch ein Anruf von Ch. kam mir zuvor. Sie sagte, sie müsse mir was sagen. H. sei tot. Ich konnte es nicht glauben bis ich die Bilder gesehen hatte. Ein Unfall. Noch an der Unfallstelle verstorben. Sie war auf dem Heimweg von ihren Eltern. Sie wollte einige Wochen später heiraten. Sie war im 7. oder 8. Monat schwanger. Sie fehlt mir.
Habe heute auch viel über alte Liebesbeziehungen nachgedacht, doch jetzt sind die Gedanken woanders. Ein anderes Mal.
Die wichtigen Verwandtschaftsbeziehungen:
Meine Eltern. Ein eigenes Thema. Verworren. Wichtig. Schmerzhaft. Anstrengend. Aber zum Glück noch nicht vorbei. Vielleicht wird das ja noch.
Mein Opa. Komisch. Er kommt mir in letzter Zeit immer häufiger wieder in den Kopf, obwohl er schon gestorben ist als ich er 3 ¾ Jahre war. Ich war nicht seine erste Enkelin, aber die erste daheim. Ich war sein Liebling. Wir haben zusammen Mäuse gefangen, Kaninchen gefüttert. Er hat Fahrradausflüge mit mir gemacht. Wir haben zusammen Knochen abgenagt und freitags Hering vom Markt gegessen. Aber das schönste war der Mittagsschlaf, oben bei ihnen im Wohnzimmer auf der Couch. Die Rückenlehne fiel zur Wand hin ab, so dass ich drauf liegen konnte. Opa lag auf der Couch, und ich auf der Lehne. Er hat immer aufgepasst, dass ich nicht runter falle. Seltsam, ich kann jetzt noch spüren wie sich das anfühlte, in dieser Kuhle auf der Lehne.
Als er gestorben ist, konnte ich das nicht verstehen, damals habe mich gefragt, warum nicht Oma stattdessen …. - das hab ich natürlich nicht zu fragen gewagt. Soviel hatte ich damals schon kapiert. Die Zeit danach war schlechter als zuvor. Verloren.
Mein „kleiner“ Bruder. Hm. Zwiespältig. Er ist in vielerlei Hinsicht so wie ich immer sein wollte und meine Eltern mich gern gehabt hätten – seine Frau auch. Aber irgendwie kann er ja nicht wirklich was dafür – abgesehen davon, dass er das manchmal weidlich ausgenutzt hat.
Ganz wichtig war über Jahre J., meine große Cousine und Schwester. Sie war toll, nicht die allerschönste, aber vom Typ her, und sie konnte tanzen, der Wahnsinn. Von ihr akzeptiert zu sein war das größte. Etwa sechs Jahre lang haben wir Stunden und Stunden zusammen verbracht bei den Pferden und auf Turnieren. Das waren echt herrliche Jahre, obwohl ich nicht 100%ig dazu gehörte. Von J. hab ich viel gelernt, aber wohl auch viel in der Zwischenzeit wieder verlernt. Irgendwann aber gingen die Lebenswege wieder auseinander, nicht nur räumlich. Sie ist sieben Jahre älter. Da gab es dann Mann und Kinder. Und der Kontakt zwischen uns wurde immer weniger. Ich war auch irgendwann beleidigt, habe mich auch nicht mehr bemüht. Heute ist es nur noch sporadisch. Der Verlust dieser engen Beziehung war mit am schmerzhaftesten.
Die Freundschaftsbeziehungen:
T. und A. in der Grundschule. Ich lebte zwischen ihnen – im wahrsten Sinne des Wortes. T. ganz bieder, brav, strenge Eltern. A. schön, schlank, reich. Ich war irgendwie dazwischen, pummelig aber nicht so bieder hässlich. T. ist glaub ich heut verheiratete Kindergärtnerin. A. ist allein erziehende Mutter, hatte nach der Ausbildung keinen Bock mehr und hat erstmal „auf arbeitslos“ gemacht. Ich saß zwischen den Stühlen. Hab mich irgendwann für A. und ihre Freunde entschieden, aber gehörte doch nie wirklich dazu. Gut so.
An der Penne gehörte ich auch irgendwie nicht dazu. Aber da gab es U. und teilweise auch M. Die gehörten auch nicht so recht dazu – U. vielleicht noch eher als M. Aber zu M. wollte ich auch nicht gehören. Ist wohl immer so, dass sich die übrig gebliebenen dann zusammen finden. U. und ich waren über Jahre unzertrennlich, traten nur im Doppelpack auf – jede mit ihren Handicaps. Wenn ich heute darüber nachdenke, kann ich mich immer weniger des Eindrucks erwehren, dass es ein ständiger Konkurrenzkampf darum war, wer denn nun doch noch ein wenig mehr dazu gehört. Als ich nach der Schule für ein Jahr in die Staaten bin, kamen regelmäßig Briefe – zu allen anderen Schulkollegen war der Kontakt schon weg. Doch als U. für drei Monate zu Besuch kommen wollte, da war mir das zu viel. Ich hatte neue Freunde dort gefunden und wollte das nicht wieder aufgeben. Also kam sie für drei Wochen, wollte zwei Wochen rumreisen. Doch kurz bevor sie kam, hatte ich meine erste große Liebe kennen gelernt. Es war ein Balance-Akt, der mir nicht ganz gelungen ist. Ihr auch nicht – als sie allein unterwegs war, musste sie auch ganz schnell das berühmte erste Mal erleben, mit einem abgehalfterten, ich glaub 43-jährigen Typ, den sie aufgegabelt hatte – sie war 20. Als ich nach Deutschland zurückkam, hatte sie neue Freunde. Gegenseitige Verletztheiten und Eitelkeiten haben uns wohl daran gehindert, uns mal auszusprechen und die Freundschaft zu bewahren. Haben uns einfach nach einiger Zeit nicht mehr gemeldet. Weiß nicht mal, ob sie noch lebt. Sie hatte eine Krankheit, mit der viele die 30 nicht erleben.
An der Uni gab’s vom ersten Tag an Ch. und dann kam noch S. dazu. Wieder so ein Konkurrenzding, zumindest hab ich es oft so empfunden. S. und Ch. waren irgendwann enger miteinander als Ch. und ich. Die beiden konnten sich streiten und wieder „vertragen“ im Gegensatz zu Ch. und mir. Jahrelang haben wir zusammen getrunken, gelacht und geheult, doch dann hat es gekracht und wurde nie mehr so wie es war bis dann irgendwann der Kontakt ganz abriss. Ich glaub, ich war sehr engstirnig, konnte mit Dingen, die mich störten, die ich anders sah, nicht gelassen umgehen. Zu S. ist der Kontakt auch abgerissen. Sie war umgezogen, wollte sich melden, doch nichts passierte, und dann bin auch ich weg gezogen. Hab noch gehört, dass sie schwanger war. Ch. hab ich im letzten Sommer in unserer alten Studi-Stadt noch getroffen, ein wenig geplaudert. Sie wollte einen Freund hier besuchen und wir wollten uns treffen. Doch an dem Wochenende hatte ich ein Tief, konnte mich zu nichts aufraffen. Schade. Heute tut’s mir leid.
Dann war da noch M., doch S. und Ch. konnten sie absolut nicht ausstehen – umgekehrt ebenso. Ich saß wieder mal zwischen den Stühlen. Aber ich fand M. klasse. Sie war auf eine besondere Art und Weise stark, ja auch arrogant. Das hab ich bewundert, denn in meinen Augen hatte sie ja noch schlechtere Voraussetzungen als ich, weil sie doch um einiges dicker war als ich. Aber sie schien damit so locker umzugehen und hatte dennoch einen riesigen Freundeskreis – und zwar nicht aus anderen „Verlierern“. Bei meinem zweiten Jahr in den Staaten hat sie mich besucht. Ich weiß gar nicht mehr, ob es dadurch verändert hatte. Hatten wir damals Streit? Ja, ich glaube. Aber wir hatten danach doch auch noch Kontakt. Ich meine, dass es aber irgendwas gab, was unsere Freundschaft zerstört hat. Doch ich kann mich nicht mehr erinnern was es eigentlich war. Dann kann es eigentlich wohl nur eine Lächerlichkeit gewesen sein. Oder waren es nur wieder verletzte Eitelkeiten und beleidigt-sein meinerseits?
Ach ja, und dann war da noch B., die ich in meinem ersten Studium kennen gelernt hatte. Wieder eine Frau, die ich unendlich bewundert habe, oder vielleicht noch bewundere. Offen, herzlich, kontaktstark, riesiger Freundes- und Bekanntenkreis. Auch nach meinem Umzug hatten wir, zwar seltener, aber noch regelmäßigen intensiven Kontakt. Und Jahre später zog sie dann der Liebe wegen sogar in dieselbe Stadt. Doch als sie dann noch mal der Liebe – und der Schwangerschaft – wegen umgezogen ist, da verflüchtigte sich alles. Zum standesamtlichen Hochzeitsempfang war ich noch – zu spät wegen Stau auf der Autobahn. Doch zur Party einige Monate später hab ich es nicht fertig gebracht – stattdessen im Trennungsschmerz monatelang die Decke angestarrt. Immer wieder hab ich mich bei ihr gemeldet, neulich noch. Doch jedes Mal hat sie dann grad keine Zeit, will sich melden, tja, und das passiert dann höchstens zum Geburtstag. Wirklich schade. Doch ich hätte vielleicht auch mal fragen sollen, wann hast du Zeit, dann komm ich runter – die Tochter hab ich nämlich bis heute noch nicht gesehen und die müsste inzwischen 4 Jahre alt sein.
U., die ich beim Nebenjob kennen gelernt hatte und zu der ich dann wegen eines gemeinsamen Studienfachs mehr Kontakt hatte, ist danach auch umgezogen … und ward nimmer gesehen. Nicht so schlimm, aber schade. Mochte sie gern.
Mit F. bin ich sogar gemeinsam in den Urlaub. Lange haben wir uns hervorragend verstanden – erstaunlich für mich, denn in der Regel kann ich nicht gut mit jüngeren Menschen. Aber es wurde auch wieder so eine Dreiecksgeschichte mit Eifersüchteleien. Die dritte im Bunde war H. – die tragischste und traurigste Freundschaft, die mir am meisten fehlt. Eine Zeit lang standen die beiden sich näher als ich mit einer der beiden. Ich konnte das damals nicht so gut verknusen, aber damals gab es einen großen Bekanntenkreis, so dass es irgendwie nicht so schlimm war. Die Liebe hat aber für einen totalen Bruch zwischen den beiden gesorgt – und Ella saß wieder zwischen den Stühlen. F. ist irgendwann umgezogen. Eine Zeit lang haben wir noch telefoniert und geschrieben, doch dann schließ es ein. Ja, und das hab ich eigentlich ganz allein mir zuzuschreiben.
Die Freundschaft mit H. war eine ganz verrückte Sache. Sie war eine der beiden Nachmieterinnen in meiner ersten Studentenbude und wir haben uns da über Gelddinge ziemlich in die Haare gekriegt. Die Stadt war nicht so groß. Wenn wir uns im Tanzschuppen über den Weg gelaufen sind, dann gab es nur böse Blicke von uns beiden. Jahr später sollte mich beim Nebenjob in der Kneipe eine Kollegin aus der zweiten Kneipe des Chefs ablösen. Und wer stand da plötzlich vor mir? Jep, H. Wir haben die alte Geschichte danach mal durchgequatscht und konnten drüber lachen. H. war für mich die beste Freundin, die einzige, die für mich da war, als es mir 2000 richtig schlecht ging, die mir dann aber auch mal in den Hintern getreten hat. Ihretwegen habe ich übrigens auch den Gizmo. Sie stand mit Katzenklo, Futternäpfen und Futter vor mir in der Kneipe und sagte, dass wir gleich nach der Arbeit losfahren würden und einen Kater anschauen. Ich hätte ja nun lang genug drüber nachgedacht, würde bei ihren Katzen keine Hustenanfälle bekommen und überhaupt und sowieso bräuchte ich das jetzt. Ja, und da hatte sie recht. Ohne den Gizmo und - damit ohne die H. – hätte ich 2000 aufgegeben. Jetzt sind es fast zwei Jahre, dass wir das letzte Mal telefoniert haben. Ich hatte ihr von J. erzählt, dass uns im Netz kennen gelernt haben, viel telefonierten, uns treffen wollten, es kribbeln würde. Doch sie hatte nur Bedenken. Er sei doch zu alt für mich. Nach T. wollte ich doch die Finger von Männern aus dem Netz lassen. Ich bin sicher, sie hat es nicht bös gemeint, wir haben uns nicht gestritten, doch ich war so enttäuscht, dass sie sich nicht einfach für mich freute. Ihr eigener Freund war doch fast genauso alt wie J.. Er lebte sogar noch in einer Beziehung als sie sich verliebt haben und eine Affäre begannen. Ich hatte ihn bis dahin noch nicht mal kennen gelernt. Nach diesem Telefonat war erstmal Funkstille. Etwa 4 Wochen später hab ich ein paar Mal drüber nachgedacht, dass ich mich wieder bei ihr melden wollte, dass ich diese Freundschaft nicht im Sande verlaufen lassen wollte, weil sie mir viel zu viel bedeutete, dass ich nicht auf den nächsten Schritt von ihr warten wollte. Doch ein Anruf von Ch. kam mir zuvor. Sie sagte, sie müsse mir was sagen. H. sei tot. Ich konnte es nicht glauben bis ich die Bilder gesehen hatte. Ein Unfall. Noch an der Unfallstelle verstorben. Sie war auf dem Heimweg von ihren Eltern. Sie wollte einige Wochen später heiraten. Sie war im 7. oder 8. Monat schwanger. Sie fehlt mir.
Habe heute auch viel über alte Liebesbeziehungen nachgedacht, doch jetzt sind die Gedanken woanders. Ein anderes Mal.
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