Was hält mich eigentlich davon ab?

Am liebsten würde ich ihn anrufen - hatte das Telefon auch schon mehrmals in der Hand - und ihm sagen:

Ich habe einige Tage über unsere Begegnung vom Montag nachdenken müssen, als Du gefragt hast, ob es mir gut geht.
Nein, es geht mir nicht gut! Ich bin vor 6 Monaten und 2 Tagen ungerecht und unfair gekündigt worden. Mir wurde der Boden unter den Füßen weg gezogen. Ich frage mich fast jeden Morgen, ob sich dieser Tag noch lohnen könnte. Sollte ich das irgendwann mal nicht mehr mit einem zumindest vagen "ja" beantworten können, wirst Du sicherlich davon erfahren und in meinem Abschied prominente Erwähnung finden.
Wie mich aber ausgerechnet derjenige, dem ich das zu verdanken habe, wie ausgerechnet Du, der mich belogen und gemobbt hat, mich rausgeworfen hat, mich fertig gemacht hat, in die schlimmste Krise meines Lebens gestürzt hat, wie ausgerechnet Du mich fragen kannst, ob es mir gut geht, ds kann ich mir nur mit einer Boshaftigkeit oder Unsensibilität erklären, die mein Vorstellungsvermögen überschreitet.
Wenn Du nicht möchtest, dass ich Dir das beim nächsten Mal in aller Öffentlichkeit sage, dann frage mich nicht mehr in der Öffentlichkeit, ob es mir gut geht. Ein Hallo reicht als Höflichkeitsfloskel.

Was hält mich eigentlich davon ab, ihn anzurufen, ihm das zu sagen?
Nur dieser komische Nebensatz vom ihrem Tisch "Machst Du das dann jetzt fertig?" und die seltsame Bemerkung vom Ex-Quasi-Kollegen, von wegen, dass ich hoffentlich bald erfolgreich sei, "vielleicht auch ohne nach Berlin ziehen zu müssen" - was ich ja gar nicht verstehen und einordnen konnte, weil ich nie was von Berlin gesagt hatte? Schau ich deshalb jeden Tag so erwartungsvoll in den Briefkasten?


mark793, 18. Mai 06
Hm, gute Frage.
Wenn Du das Gefühl hast, dass es Dir danach besser gehen könnte, dann tu es.

Die Frage ist aber halt auch, ob das einer gewissen Sorte Mensch nicht noch Genugtuung verschaffen würde, dass Du seine "Macht" über Dich auch noch anerkennst mit so ner Ansage.

ella, 18. Mai 06
Das könnte gut sein. Meine Eltern meinten sowas auch, und dass sie ihm diese Genugtuung nicht noch geben würden. Sie haben immer Angst, ich würde mein Gesicht verlieren. Das war auch früher mal so, wenn ich verliebt war und noch gekämpft habe.
Aber ich weiß gar nicht, ob es noch darum geht, Gesichter zu verlieren oder zu bewahren.

mark793, 18. Mai 06
Dann musst Du Dir
klarwerden, worauf Dein Impuls, das noch loszuwerden, am ehesten abzielt:

- Isses darum zu tun, dass es Dir besser geht, nachdem das mal ausgesprochen ist?

- Oder hast Du irgendeinen Restfunken Hoffnung oder Erwartung, bei ihm ein Nachdenken/Überdenken auszulösen mit Deiner Ansage?

Ich denke, das Gesicht zu verlieren, ist hier nicht der Punkt. Die Fremdwahrnehmung, die Deinen (und meinen) Eltern so wichtig scheint, muss Dich hier gar nicht kümmern. Aber der Einwand, ihm diese Genugtuung nicht zu geben, ist nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen.

Wie gesagt: Wenn Du denkst, danach gehts Dir besser, dann raus damit!

arboretum, 18. Mai 06
Das ist eine ganz schlechte Idee, lassen Sie das bloß bleiben!

Welche Reaktion auch immer Sie sich von ihm bei so einer Aktion erhoffen, die, die Sie darauf bekommen werden, wird eine andere sein. Und Sie werden dann noch lange danach daran herumkauen.

ella, 18. Mai 06
@mark: ich bin nicht sicher, aber ich glaube, es ginge vermutlich doch mehr um einen Auslöser zum Nachdenken. Im Rückblick erscheint alles was ich in den letzten Monaten getan habe, in diese Richtung zu gehen. Bei allem, von dem ich mir sowas wie "Erlösung" (vielleicht deshalb Parsifal?) erhofft hatte, war doch wohl eher diese Zielsetzung im Hinterkopf.

@arboretum: ich glaube nicht, dass ich eine Reaktion noch abwarten würde, vermutlich eher direkt auflegen.

mark793, 18. Mai 06
Also wenns drum geht,
dass Du auf nen Denkanstoß bei der Gegenseite hoffst, dann ist das wirklich ne schlechte Idee, da geb ich Frau Arboretum recht. Wenn Dir die Reaktion mehr oder weniger egal wäre, hätte ich gesagt: go for it!

arboretum, 20. Mai 06
Sie würden sofort auflegen - und dann? Er würde es kopfschüttelnd in der Firma herumerzählen, vielleicht noch mit einem kleinen Lachen. Stellt Euch vor, ich bekam so einen hysterischen Anruf von Ella, ich glaube, jetzt dreht die vollends ab. Naja, damals war sie auch schon nicht sonderlich belastbar, haben wir ja alle gemerkt, dass sie mit ihren Job völlig überfordert war, das Projekt hat sie auch nicht sonderlich gut gemacht ... blablabla. Hahaha.
Und das würde sicherlich nicht nur in der Firma die Runde machen, sondern wahrscheinlich auch noch ganz andere Kreise ziehen.

Schreiben Sie ruhig Ihre zornigen Briefe und packen Sie sie in irgendeine Schublade, aber hören Sie wenigstens dieses eine Mal auf mich.

hace_1, 18. Mai 06
Du solltest Dir klarmachen, was Du eigentlich für ihn warst. Letzten Endes warst Du ihm ja wohl in keinster Weise etwas wert. Weshalb also trägst Du Dich mit diesen Gedanken, wenn er sich Dir gegenüber wie Scheiße auf zwei Beinen benommen hat? Solche Menschen sollten Dir am Arsch vorbeigehen, ohne Wenn und Aber. Schmeiß ihn raus aus Deinem Kopf, und sieh nach vorne und nicht ständig zurück …

ella, 18. Mai 06
... vielleicht kann ich genau das grad nicht, weil ich da vorne nichts sehe.

das feuerherz, 22. Mai 06
hau´ ihm in die fresse!*~*
oder schick´ ihm das hier: http://www.rache.de/product_info.php?cPath=1_5&products_id=142, wahlweise auch mit ungefaketem inhalt, hähä.

jeder kriegt das, was er verdient. dessen kannst du dir sicher sein, liebe ella!

und jetzt versuche diese energie in etwas FÜR DICH umzuleiten & zu nutzen!

brutaloherz, weise*~*
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