Viele wahre Worte,
die ich zwar verstehe, teils auch selbst schon Freunden gesagt habe, aber partout nicht umsetzen kann.
Mir ist so sehr bewusst, dass ich mich selbst quäle - oder warum sonst kramt man in einer Situation wie meiner die Menue-Karte des letzten Jahres heraus, schwelgt in Erinnerungen ... und heult sich zum x-ten mal in diesen Tagen die Augen aus dem Kopf? - dass ich selbst mich immer tiefer eingrabe, mich in diesem Teufelskreis gefangen halte.
Doch ich weiß einfach nicht wie ich es anstellen soll, dies zu ändern.
Ich liebe ihn. Und ich kann an nichts anderes denken. Wenn ich doch nur die Zeit zurück drehen könnte. Heute vor einem Jahr. Stattdessen wird er jetzt wahrscheinlich ein glückliches Silvester mit seiner neuen Liebe verbringen und nicht den geringsten Gedanken an mich verschwenden. Habe ja auch keine Antwort bekommen.
Ja, ich weiß, dass diese Gedanken nichts bringen außer selbstquälerischer Trauer. Doch ich kann sie nicht mehr verhindern. Ich habe in den letzten neun Monaten vieles unternommen, um mich abzulenken - habe angefangen zu walken und abzunehmen, neue Leute kennengelernt und dabei wenige Male Glück gehabt und einige Klo-Griffe hinter mich gebracht (letztere überwiegend mit Mitgliedern der männl. Hälfte unserer Gesellschaft), angefangen zu bloggen, wieder mal meine Kamera rausgeholt, mich öfter mal allein in's Café gesetzt ... aber diese Gedanken und Gefühle sind nicht mehr zu unterdrücken, meine Augen so dick als hätt ich nicht tage- sondern monatelang geheult ... es tut weh, so verdammt weh ... und ich kann nicht mal mit ihm reden, ihn nicht sehen ... vermisse seine Augen, seine Stimme, in die ich mich damals schon am Telefon verliebt habe, die faszinierendste Stimme, die ich gehört hatte ... hätte mir manchmal am liebsten einfach nur was vorlesen oder erzählen lassen, nur diese Stimme gehört ... die ich wahrscheinlich nie wieder hören werde ... es gibt nichts was ich mir mehr wünsche ... Träume ... Schäume ...

... wasfür ein Silvester!

Aber warum eigentlich einen solchen Wirbel um diesen Tag. Ich hocke jeden Abend so hier ... ein Tag wie jeder andere ... klappt aber irgendwie nicht.


ocean, 01. Jan 04
Ach Mensch...
jetzt hatte ich dir einen so langen Kommentar geschrieben, zu lange - und bin rausgeflogen - Timeout, alles weg. Also nochmal das wichtigste kurz...

denkst du denn manchmal auch an das Miese, das was dich veranlasst hat, ihn zu verlassen? Er muß dir sehr weh getan haben, denn sonst wärst du sicher nicht gegangen. Und du brauchst dir nicht weh tun zu lassen - das hast du nicht nötig - egal wie intensiv die gefühlsmäßige Bindung zwischen Euch war - es gibt Dinge, die sind nicht tragbar auf Dauer.

Ich möchte nicht von mir auf dich schließen, weil ich deine Situation damals nicht kenne... aber ich habe meinen Ex auch verlassen, obwohl ich emotional völlig von ihm abhängig war - die Zeit danach war die Hölle, in der Strassenbahn - verliebte Pärchen mir gegenüber - ich hätte Bomben schmeißen können.

Habe mich nur noch an das Schöne erinnert, was er mir gegeben hat... jeder Ort eine Erinnerung mit ihm - bin sogar umgezogen, 50 Kilometer weg, obwohl das eine stundenlange Anfahrt zu meiner Schule/Ausbildung bedeutet hat, und mich jeder für verrückt erklärt hat. Aber es hat geholfen, nicht immer wieder erinnert zu werden...

mußte mich irgendwann zwingen, mich auch daran zu erinnern, was alles mies gelaufen war. Und daß wir nicht zusammenbleiben konnten, obwohl wir uns liebten. Es ging einfach nicht.

Das Wichtigste in deinem Leben bist du, Ella. Auch wenn das platt klingt - du hattest deine Gründe, zu gehen - und vielleicht, wenn ihr es nocheinmal probieren würdet - würdest du nach kurzer Zeit merken, daß es nicht geht, dass du das Schöne idealisiert hast, und daß die Gründe, ihn zu verlassen, nach wie vor schwerer wiegen. Manches geht einfach nicht zusammen - egal wie intensiv die emotionale Bindung ist, das Negative würde alles überwiegen, kaputtmachen.

Tu dir so viel Gutes, wie möglich... verwöhn dich auf ganzer Linie. Du bist es wert. Und du bist es nicht wert, dich von Gefühlen kaputtmachen zu lassen. Ich weiß verdammt gut, daß diese Gefühle sich immer wieder verselbständigen... Aber ich glaube, daß selbst wenn es ein Zurück gäbe, du diesen Weg zwar probieren, aber nicht zu Ende gehen würdest. Du hast ihn sicher nicht "umsonst" verlassen.

War das jetzt dumm und banal? Ich schreibe einfach gerade, was mir dazu einfällt...

Aber vielleicht bist du gerade jetzt mittendrin in der heftigsten Phase der "Trauerarbeit", die aber bereits beinhaltet, daß du beginnst, dich von ihm zu lösen? Diesen Gedanken werd ich irgendwie nicht los...

Dieses andere Gefühl... das kommt ganz leise, und gerade dann, wenn du es am wenigsten erwartest - dass du beginnst, zu spüren, wie er seine Macht über dich verliert - Erleichterung... Nach und nach kommt es, die miesen Gefühle werden immer wieder dazwischen funken, aber dieses leise Gefühl wird lauter werden, deutlicher.

Liebe Ella, ich möchte dir für dieses Neue Jahr alles Gute wünschen... und ich freu mich sehr, daß wir uns über das Bloggen kennengelernt haben!

Ganz liebe Grüsse,
Ocean

ella, 01. Jan 04
Liebe Ocean,
natürlich idealisiert man vieles im Nachhinein. Daher rufe ich mir auch immer die unglücklichen Momente in Erinnerung.
Ja, ich hatte meine Gründe ihn zu verlassen, aber ich war schon damals, als ich gegangen bin, nicht sicher, nein, voller Zweifel, ob das die richtige Entscheidung war. Und heute bin ich mir umso sicherer, dass es die falsche war.

Die Gründe lagen vor allem in meinen Ängsten und meinen idealistischen Vorstellungen.
Eigentlich ging es ihm damals sehr ähnlich wie mir jetzt. Er sah den Sinn im ständigen Kampf nicht mehr, war müde, nahm in seiner Umgebung nur alles als "gegen ihn" wahr, konnte nicht mehr schlafen, war mit den Nerven runter ... Ich war der Meinung, dass er Hilfe bräuchte, zum Arzt gehen sollte. Irgendwann hat er das selbst eingesehen, ging zu einem Arzt - wo er in einer ähnlichen Krise wohl schon mal war wie er sagte. Doch der Doc hatte nichts besseres zu tun als ihm lediglich HappyPills zu verschreiben und ihn für Wochen krank zu schreiben. Er "versank" meiner Meinung nach immer weiter und die wochenlange Krankschreibung hat ihm anschließend im Job noch mehr Schwierigkeiten bereitet. Dann hat er auch die Pillen einfach wieder abgesetzt. An einem Abend, ich war müde und wollte einfach nur noch etwas fernsehen und dann schlafen, hab ich ihn angerufen, nur um kurz gute Nacht zu sagen. Er aber hatte wohl einen beschissenen Tag gehabt, hatte das Bedürfnis zu reden. Fünf Minuten nachdem ich gute Nacht gesagt hatte, klingelte das Telefon und mir wurde ein "Dann brauchen wir auch erstmal gar nicht mehr reden" entgegen geschmettert und x Telefonate später an diesem Abend ein "Ich bin am Boden. Ich würde mir am liebsten ein Auto leihen und auf die Brücke fahren."
Anderthalb Wochen später bin ich zu ihm gefahren und habe unsere Beziehung beendet ... weil ich Angst hatte, Angst mit herunter gezogen zu werden, Angst gefangen zu sein darin, Angst ihm nicht helfen zu können ... Ich dachte, dass das vielleicht der letzte Anstoß für ihn sein würde, sich wirkliche Hilfe zu holen, nicht an den Symptomen, sondern den Wurzeln der Probleme zu arbeiten - so ähnlich wie bei manchen Alkoholikern, die es erst schaffen, wenn sie von allen verlassen sind und völlig am Boden - aber stattdessen hätte ich einfach für ihn da sein sollen.

Dazu kommt, dass ich wohl einfach viele meiner eigenen Probleme auf ihn projiziert habe, aber bei mir selbst nicht wahrgenommen habe. Ich habe viele viele Dinge - teils Kleinigkeiten - die ich an mir nicht mag, aber gar nicht gemerkt habe, dass sie Teil meines Verhaltens sind, an ihm ständig kritisiert und dran rumgenörgelt.
Er hatte Recht, als er mal meinte, er hätte sich bei mir immer unter einem starken Erwartungsdruck gefühlt. Ich hatte wohl so ein völlig übertriebenes idealistisches Bild im Kopf, dem er gar nicht entsprechen konnte.

Deshalb sehe ich heute immer weniger wirkliche Gründe für das Beenden der Beziehung. Aufgehört, ihn zu lieben, habe ich nie, doch ich hatte es zeitweise vergessen.

Und daher fällt es mir heute so schwer, meinen Frieden mit dieser Entscheidung und der Konsequenz - einem Leben ohne ihn, ja, ihn wahrscheinlich nicht einmal wieder zu sehen oder zu sprechen - zu finden

Aber ich danke Dir für Deine lieben Worte.
Auch ich freue mich, Dich über das Netz kennengelernt zu haben.

Liebe Grüße
Ella

lunally, 01. Jan 04
Liebe Ella,
ich wünsche Dir ein ganz, ganz tolles neues Jahr, mit weniger Tränen und Grübeln, dafür aber mit sehr, sehr viel Glück und Liebe.

*knuddeldich*

kid37, 02. Jan 04
But I'm alive/I survived you
"Heute vor einem Jahr. Stattdessen wird er jetzt wahrscheinlich ein glückliches Silvester mit seiner neuen Liebe verbringen und nicht den geringsten Gedanken an mich verschwenden. Habe ja auch keine Antwort bekommen. "

Diese Gedanken habe ich auch. Wenn man so will, bin ich _exakt_ an Silvester letztes Jahr verlassen worden. Solche Dinge passieren, das ist nicht originell. Aber ausgerechnet an Silvester? Eine Narbe, ein Datum an das man sich ZWANGSLÄUFIG immer wieder erinnert? Für mich ist das ziemlich schlimm. Nach "wir probieren es noch einmal" ist es nun seit ein paar Wochen wohl endgültig vorbei. Ich bin müde, ich kann den ewigen Jähzorn nicht mehr ertragen, der sich abwechselt mit Phasen absoluter Verschlossenheit und ständigen Drohungen. Auch ich hatte daher das Gefühl, Silvester=Selbstmord (im übertragenen oder tatsächlichen Sinne von "das hälst du nicht durch!"). Ich bin dann aber zum Glück von Freunden in eine andere Stadt zum Feiern verschleppt worden. Unter fremde Menschen, wo ich mich ein wenig zusammenreißen musste. Und angenehme Dinge erleben durfte. Das hat geholfen, diese Nacht zu überstehen. Allein zuhause hätte ich es nicht gekonnt. Mich haben 2003 mehrere für mich sehr wichtige Menschen verlassen, aus Gründen, die mir nicht immer klar sind. Jetzt haben wir ein neues Jahr. Es kommt etwas neues. Das Rad dreht sich weiter. Ich höre jetzt viel Heather Nova, für viele sicher zu kitschig.
"I still have visions of you/I still have nights to get through.../But I'm alive, I survived you/And the bitter taste, the years I have wasted/All the hate is gone cause I'm alive" (I'm Alive)

Es muss einfach weitergehen. Wir haben alle unsere Verabredung. Aber vordrängeln ist nicht.
ich wünsche Dir für 2004 alles Gute und viel Kraft!

dergunnar, 02. Jan 04
Ich finde
gut. das du es schreibt.Weinen hilft.
Schreib dir alles von der Seele.

Es hilft. Bestimmt. Manchmal denke ich, ich könnte nicht mehr.

Hmmm. Es ist schwer zu beschreiben. Aber eine Hoffnung solle man niemals sterben lassen.

Ich wünsche dir ein hoffnungsvolles und gutes neues Jahr. :o)
Lilypie Kids Birthday tickers