Selbstdisziplin

Mein Gott, hab ich mich zusammenreißen müssen! Da spuckt Dir einer grad ganz gewaltig in die Lebenssuppe, weil ihm eine Nase nicht passt, weil er lieber andere Typen um sich scharrt, und dann musst Du just an dem Tag mit ihm gemeinsam in den Flieger und zu einem Termin. Großartig - da weiß man vorher schon, dass der Tag ganz besonders beschissen wird!

Und weil dieser ach so grandiose Oberhäuptling nicht mal gepeilt hat, dass er mit seiner beschissenen Aktion nicht nur einen mehrfachen Vater in Bedrängnis gebracht hat, sondern auch meine Lebensplanung arg beeinflusst hat, fragt er mich auch noch zweimalig wie es mir geht. Unglaublich! Wie man so wenig von seinen Leuten wissen kann, wenn man doch dieses Team-Leadership-Geschwätz so hoch hält!
Na ja, ich hab meine Hände in der Tasche behalten, so dass keine gerade Linke raus schießen und keine schwungvolle Rechte ausholen konnte. Ich hab auch nicht direkt ins Gesicht oder vor die Füße gespuckt. Ich hab nur mehr als grimmig ein "mh" gemurmelt.
Da schien ein kleines Lämpchen aufzugehen ... Kronleuchter-Köpfe kann man ja als Oberhäuptlinge auch wirlich nicht erwarten ... aber er musste sich doch vorsichtshalber nochmal beim direkten Chef rückversichern bis er die endgültige Peilung hatte.

Ich habe mich zwar den ganzen Tag über in absoluter Selbstdisziplin geübt, aber immer wieder merkte ich wie der Hals enger und enger wurde, wie sich - hoffentlich unbemerkt vom Rest - doch mal eine Träne raus drückste.
Meine fast tötenden oder zumindest mehr als abschätzigen Blicke in Richtung des Ober-Gurus wenn er was sagte oder geradewegs raus aus dem Fenster in solchen Momenten nehme ich davon aus - da hab ich mich gar nicht um weitere Selbstdisziplin bemüht. Auf der fachlichen Ebene hat er meinen Input bekommen, seine Fragen beantwortet bekommen, aber alles weitere musste ich nun wirklich nicht machen.
Tja, und den etwas provokanten Hinweis auf unsere bevorstehende Heirat und das Alter des jüngsten Kindes konnte ich mir nun wirlich auch nicht verkneifen. Wenn er sich hier etwas unwohl in seiner Haut gefühlt hat, dann war das wohl das mindeste. Eigentlich sollte er sich völlig elend fühlen, wenn er andere die Verantwortung für Dinge tragen lässt, die er teils selbst mit entschieden hat ... aber Charakter, Respekt und Moral sind in unserer Branche oder auf diesen oberen Ebenen wohl besonders rar gesäät.

Aber dann hat er sich auch gleich am nächsten Tag noch beim Chef gemeldet, weil doch die Situation am Vortag so blöd war ... oh der arme Kerl ... das tut mir aber leid. Aha, und nun will er mir auch noch was sagen ... bisher hat er sich nicht gemeldet, aber da bin ich dann doch mal gespannt was er da zu sagen hat. Ein paar warme Worte sind sicherlich das, was ich mir jeztt von ihm wünsche. Na ja, ich denke er weiß, dass ich von der direkten ehrlichen Art bin ... wenn nicht, wird er es danach wissen.

Insofern kann das ja eine ganz phantastische Woche werden!

Es sei angemerkt: trotz dieser ganzen Scheiße habe ich nicht zur Fluppe gegriffen ... auch wenn der Drang, der Wunsch danach phasenweise riesig war.
Job 18:20h Kommentieren (0 Kommentare)

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